Mittwochabend legte einer Kreuzfahrer an und blieb den ganzen Donnerstag bis kurz vor Mitternacht. Mit drei langen weichen Signalen aus seinem Horn verabschiedete er sich. Ich schätze, dass sich ca. 4-5000 Menschen vorgestern auf einen Schlag über die kleine Insel ergossen. Eine gute Gelegenheit also an Bord zu bleiben und noch ein paar Dinge zu erledigen. Z.B. mal herauszufinden, welchen Weg das Wasser von den Tanks bis zu den Hähnen nimmt. Das habe ich mir bislang noch nie angeschaut, keine Zeit bzw. keine Lust. Jetzt war also die Gelegenheit. Ich habe mich vom Heck bis an den Bug vorgearbeitet: mal wieder die Matratzen aus unserer Kabine in den Salon geschleppt, den „Lattenrost“ im Schiff verteilt, insgesamt 7 Teile. So habe ich angefangen, die blauen sehr robusten Wasserschläuche durch das Schiff zu verfolgen bis zur Wasserpumpe im Maschinenraum, dito vom Tank unter der Stockbettkabine vorne im Bugbereich. Das eine oder andere ist mir jetzt klarer geworden, alles kein Hexenwerk, aber ich hoffe, dass ich niemals irgendwelche Schläuche wechseln muss. Das wäre alles andere als spaßig, da ich das Schiff mehr oder weniger auseinandernehmen müsste. Auch die Kalt- und Warmwasserleitungen zu den diversen Hähnen schaute ich mir an. Meine rudimentäre Dokumentation muss ich jetzt noch etwas aufpeppen, damit ich mich auch noch in ein paar Monaten darin zurechtfinde. Die ganze Geschichte hat einige Stunden in Anspruch genommen, musste ich im Salon doch auch einige Bodenbretter wegnehmen, um den Weg der Schläuche verfolgen zu können.
Anschließend schaute ich mir alle Wasserein- und auslässe an. Insgesamt hat das Boot 19 überwiegend unter der Wasseroberfläche befindliche, konstruktiv bedingte Löcher, die teilweise über Ventile gesichert sind, um entweder Wasser herein oder hinaus zu lassen. Die beiden Kühlschränke haben ebenfalls Kontakt mit dem Meerwasser über eine Art Wärmetauscher. Hier gibt es also vermutlich zwei weitere Löcher. An die komme ich aber nicht ran, will ich die Kühlschränke nicht ausbauen. Aber auch 19 ist eine stattliche, beängstigende Zahl: schwimmender Schweizer Käse mit Segel. Aber: alle Aus- bzw. Einlässe sowie die Ventile dazu sehen tipptopp aus, alles dicht, kein Rost oder irgendeine Form von Oxidation.
Am späten Vormittag tauchte auf einem meiner Nachbarboote ein Segelmacher auf. Die Gelegenheit also, um mir ein paar Tipps abzuholen, wie ich die diversen Löcher in meiner spröden Sprayhood abgedichtet bekomme, idealerweise mit Kleber. Der Zahn der Zeit und das UV-Licht haben ihre Spuren hinterlassen. Der kleinste Druck mit einem etwas spitzeren Gegenstand und schon reißt das Material. Es stellte sich schnell heraus, dass er Schweizer ist (der Akzent!) und seit über zwanzig Jahren auf den Kanaren als Segelmacher arbeitet. Zunächst 10 Jahre auf La Gomera, danach 10 Jahre auf Teneriffa. Seit kurzem wieder auf La Gomera; er hat sich an der Nordküste ein Haus gekauft und sich da wohl endgültig niedergelassen. Vor Aufträgen kann er sich kaum retten, es würde jedes Jahr mehr und das, obwohl er keine Webpage habe und keine Werbung mache. Er sagte, er würde am frühen Nachmittag vorbeikommen und sich mein Problem anschauen. Als er an Bord war, zeigte ich ihm die Risse, worauf er meinte, dass man das nicht kleben könne. Das ginge nur mit einem Flicken, den man drüber näht. Schade, ich hoffte, es gäbe einen Weg abseits vom aufwändigen Mainstream.
Da er sich anbot, das bis Montag erledigen zu können, entschloss ich mich meinen Aufenthalt auf der Insel um zwei Tage zu verlängern. Meine Ankunft in La Palma um zwei Tage zu verschieben war auch kein Problem. Ich lege jetzt also am kommenden Dienstag ab.
Abends rief mich meine Hamburger Studienfreundin Caroline an und wir „schnackten“ eine Weile. Sie wird jetzt auch ihren Flug nach Martinique für den 28.12. buchen und bis zum 10.1. bleiben. Als Nichtseglerin und ausgewiesene Landratte sind wir beide gespannt, wie es ihr an Bord gefallen wird.
Letzte Nacht habe ich sehr schlecht geschlafen. Zunächst war ich überhaupt nicht müde, habe bis um 1 Uhr gelesen, was mir wirklich selten gelingt. Danach stand ein eigenartiger heftiger Schwell im Hafen. Ich wurde durch das Knarzen der Festmacher und das harte Einrucken des Boots in die Festmacherleinen immer wieder aus dem Schlaf gerissen. Richtig eingeschlafen bin ich erst, als es bereits dämmerte. Prompt wachte ich dann auch erst um neun Uhr auf.
Den gestrigen Tag habe ich weitestgehend mit organisatorischen Dingen verbracht. Nachdem bereits einige meiner Bestellungen zuhause eingegangen sind und ich unmöglich alles am 18.11. mit in den Flieger nehmen kann, klärte ich mit Yvonne ab, was sie sinnvollerweise vorab an die Marina nach La Palma schickt. In 7-10 Tagen verspricht DHL liefern zu können. Nach den Erfahrungen mit DHL in Den Helder bin ich gespannt. Nachmittags telefonierte ich mit der deutschen Firma, die mir die Ersatzteile für den Baumniederholer nach Madeira schickte. Der Baumniederholer hat zwei Kammern: eine, die mit Hydrauliköl befüllt wird, um den Großbaum nach unten zu ziehen und eine, die mit Stickstoff befüllt ist, um den Baum nach oben zu drücken. Die Firma, die den Niederholer Instand setzte, befüllte die Stickstoffkammer so, dass etwa ein Druck von 350kg besteht. Wie sich jetzt im Nachgang herausgestellt hat, ist das etwas zu viel, 200-250kg würden genügen. Es gibt am oberen Ende des Zylinders ein Ventil, das man aufschrauben und etwas Gas entweichen lassen kann. Dazu muss er aber vom Großbaum abgebaut werden. Das ist alleine nicht zu machen wie sich herausstellte. Wenn ich hier niemanden finde, der mir hilft, muss das Thema halt bis La Palma warten, dann sind wir zu dritt an Bord.
Am späteren Nachmittag heute hatte ich einen sehr netten Telefon-Chat mit Anke und Josef. Die beiden werden am 11.1. an Bord kommen und solange bleiben, wie es ihnen an Bord gefällt. Toll, oder? Ich hoffe, es gefällt euch beiden sehr lange an Bord.
Abends war ich noch in der Stadt, um eine Kleinigkeit zu essen. Bin beim spanischen Italiener hängen geblieben. Irgendwie hatte ich Appetit auf Pizza. Die letzte ist Monate her. Die „Pizza de la Mar“ hat auch gut sehr geschmeckt. Mit Meer kennen sie sich halt aus, die Spanier.

