Am 10.4. legen wir am späten Vormittag ab, mit Kurs nach East End Harbor auf Jost van Dyke, im NW von Tortola gelegen, ca. 20Sm. Stefan ist angesichts der Tatsache, dass wir jetzt nur noch zu zweit unterwegs sind, etwas unwohl im Bauch. Er ist sich nicht ganz sicher, ob er als blutiger Segelanfänger der ganzen Sache gewachsen sein wird. Ich versuche ihn zu beruhigen, dass er bzw. wir gemeinsam das schon hinkriegen werden.
Kurz nach der Hafenausfahrt können wir bereits die Segel setzen und segeln im Grenzgebiet zwischen den Britischen und US-amerikanischen Jungferninseln nach W, um dann am Ende von Tortola nach Norden Richtung Jost van Dyke abzubiegen. Zwischen den Inseln frischt der Wind dann mächtig auf, so dass wir mit gerefften Segeln gut vorankommen. Stefan steuert das Schiff und macht das sogar richtig gut.
Das Anlegen an der Boje in East End Harbor bei 6 bft wird dann tatsächlich zur Herausforderung. Unsere Festmacherleine, die wir an der Boje befestigt haben wird unter das Boot gezogen, so dass es sich weder vor noch rückwärts bewegen kann. Auch das Anbringen einer Verlängerung nützt nichts. Die Leine geht hinter dem Kiel durch zur Boje, die in ca. 2m Tiefe schräg unter dem Boot hängt. Vorwärts unter Motor herausfahren birgt das Risiko, dass sich die Leine in der Schraube verfängt; rückwärts fahren bringt nichts, da die Leine am Kiel hängen bleibt. Bleibt also nur die Variante die Leinen ins Wasser zu werfen und das Manöver zu wiederholen. In der Zwischenzeit kommt auch jemand mit einem Motorboot von Land rübergefahren, um uns zu helfen. Er nimmt eine der beiden Leine auf und knotet sie auseinander, wobei vermutlich eine davon untergeht. Am Ende haben wir auf jeden Fall eine Festmacherleine weniger. Schade, aber immerhin hängen wir mit der Unterstützung des Motorbootfahrers jetzt sicher an unserer Boje.
Nach einer kleinen Verschnaufpause und einem Anlegeschluck fahren wir mit dem Dingi rüber ans Ufer, um zu einem Blow Hole zu laufen, das an der nördlichen Küste der Insel, ca. 2km entfernt, liegt. Der Weg ist schön zu gehen, erst am Ufer direkt am Riff entlang, dann etwas den Hang hoch rüber auf die Nordseite. Dort treibt der Wind das Wasser durch eine enge Felsspalte hindurch, so dass es meterhoch an beiden Wänden hochgedrückt und in eine kleine Bucht gespült wird. Überall Gischt und Spritzwasser. Ganz schön schön!
Wieder zurück am Dingi gehen wir in der Kneipe am Ufer, die natürlich nicht fehlen darf, etwas trinken. Die Bucht ist mittlerweile voll geworden, alle Bojen sind belegt. Wir genießen unser Spätnachmittagsbier bevor es zurückgeht aufs Boot.
Am nächsten Vormittag fahren wir eine Bucht weiter, in die Great Harbor Bay. Hier liegt der Hauptort der Insel, der gefühlt vielleicht zwei dutzend Häuser umfasst. Im Bojenfeld ist es leider zu seicht für uns, sodass wir uns ein Stück weiter draußen einen Ankerplatz suchen müssen. Stefan bedient die Ankerkette, alles klappt reibungslos. Nach dem dritten Anlauf klappt es dann auch mit dem richtigen Platz: wir haben jetzt einen gefunden, der uns in alle Richtungen genug Spielraum gibt, um nicht mit den Bojenliegern zu kollidieren. Später fahren wir mit dem Dingi rüber an Land, um in einer der zahlreichen Kneipen etwas zu trinken und zu essen. Die Kneipe ist rappelvoll. Ein Großteil der Crews der ca. 30 Boote, die in der Bucht liegen, scheint hier hängen geblieben zu sein.
Am nächsten Tag fahren wir am frühen Nachmittag rüber zum Zoll und Einwanderungsbehörde, um auszuklarieren. Es dauerte eine Weile, bis die Dame von der Einwanderungsbehörde ihren Kollegen vom Zoll aus seiner längst abgelaufenen Mittagspause holen kann. Nach einer halben Stunde trödelt er dann tatsächlich ein und dann gings auch flott voran. Auf dem Weg zurück zum Boot kommen wir in einen kurzen Regenschauer, der genau so lange dauert, bis wir komplett durchnässt sind. Bei 28° Lufttemperatur jedoch kein Problem. Wir ziehen uns trockene Sachen an und fahren an Land, um dort ein bisschen durch den Ort zu spazieren und im „Supermarkt“ ein paar Kleinigkeiten einzukaufen. Abends sind wir nochmals in „unserer“ Kneipe beim Abendessen. Ein Gitarrist spielt Folk- und Countrysongs. Die überwiegend amerikanischen Gäste finden es total toll und singen und tanzen mit. Es herrscht eine tolle, ausgelassene Stimmung. Gegen 21:00 fahren wir wieder zurück aufs Boot, wir wollen am nächsten Tag früh raus, um die ca. 200 Sm nach Punta Cana in der Dominikanischen Republik auch mit nur einer Nacht auf See meistern zu können.