Die Zeit seit dem letzten Tagebucheintrag verging mal wieder wie im Flug. Es ist überrascht mich zwischendurch immer wieder selber, wie viel doch immer noch an Bord zu tun ist. Samstag nach dem Einkauf zog ich die Schlauch-Persenninge über die Kutterfock und die Genua. Nachdem wir insgesamt doch noch drei Wochen in Santa Cruz liegen werden, lohnt sich die Aktion, um die Segel gegen UV-Strahlung zu schützen. Den Sonntagnachmittag habe ich damit verbracht, mithilfe meines schwimmenden Kompressors, die Zink-Opferanoden am Unterwasserschiff zu prüfen. Sind sie zu mehr als 50% verbraucht, muss ich mir überlegen, ob ich sie austausche. Am meisten verbraucht sind die Anoden am Propeller sowie die große Platte links vor der Welle auf der Backbordseite. Die sind noch zu ca. 60% vorhanden. Fast unverbraucht dagegen sind Anoden an Bug- und Heckstrahlruder. Weiter vorne auf der Backbordseite konnte ich nicht prüfen, da der Schwell das Boot immer wieder gegen den Steg gedrückt hat, da wollte ich nicht dazwischen kommen. Das werde ich zu gegebener Zeit noch nachholen. Interessant war auch, dass tatsächlich bald jede Anode mit einer anderen Schraube befestigt ist: 15er Schlüssel, Inbusschlüssel, Kreuzschrauben.
Erheblich Zeit nahm auch das permanente Nachjustieren der Leinen in Anspruch. Südwinde und Kap-Effekte sowie große Schiffe wie Fähren, Frachter und Kreuzfahrer verursachen einen schier unglaublichen Schwell im Hafenbecken. Ist nicht jede einzelne Leine irgendwie fix befestigt, sondern hat Spiel auf einer Klampe, scheuert sie unweigerlich durch. Das geht innerhalb weniger Tage. Mittlerweile habe ich eine Lösung gefunden, die die nächsten Tage überstehen sollte.
Montagmorgen traute ich meinen Augen nicht: es war bewölkt und regnete immer wieder mal kurz. Eigentlich wollte ich mir für zwei Tage noch einen Mietwagen holen. Der Blick in den Wetterbericht relativierte die Situation schnell: es wird immer wieder die Sonne herauskommen und es bleibt bei kurzen Schauern. Ok, alles gut. Also ging ich rüber zum Fähranlieger lieh mir einen Kleinwagen, um mir den Nationalpark Caldera de Taburiente anzuschauen und dort etwas zu wandern. Nachdem ich noch ein paar Einkäufe erledigt hatte, gings dann auch los Richtung Mirador de la Cumbrecita am südlichen Rand der Caldera. Nachdem ich mir ein Einlassticket besorgt hatte, konnte ich in den Park einfahren, hinauf zu diesem Aussichtspunkt auf ca. 1200m Höhe. Man hat dort einen tollen Blick nach Norden in die Caldera hinein. Auf einem gut ausgetretenen Wanderpfad wanderte ich dann immerhin ca. 3km und 200 Höhenmeter um diesen Aussichtspunkt herum. Nicht besonders anstrengend, landschaftlich trotzdem sehr schön und die Bewegung tat gut. Auf dem Weg zurück nach Santa Cruz habe ich noch bei zwei größeren Supermärkten am Stadtrand vorbeigeschaut. Zum einen brauchte ich noch eine kleine Pfanne, um bei kleineren Portionen nicht immer die große sperrige Pfanne nehmen zu müssen. Zum anderen wollte ich mir deren Produktspektrum anschauen, da wir ja für die Atlantiküberquerung Proviant für über drei Wochen für drei Personen beschaffen müssen. In der Innenstadt gibt es zwar einige Supermärkte, aber deren Angebot ist viel zu eingeschränkt, als dass sie für so eine Aktion in Frage kämen. Beide Märkte sind gut sortiert und beide würden außerdem ab 60€ Einkaufsvolumen, das wir natürlich locker reißen werden, den Einkauf direkt ans Schiff liefern, was auf jeden Fall sehr angenehm wäre. Zum Abendessen ging ich in die Stadt ins Restaurante la Placeta, das schön auf einem Platz in der Fußgängerzone liegt und in dem man anscheinend ganz gut essen kann. Um 19:00 hatte ich mich telefonisch noch mit jemandem aus der Werft in Großenbrode verabredet, um ein elektrisches Thema mit dem Batterielader zu besprechen. Das Gespräch dauerte ein großes Bier lang, lösen konnten wir das Problem trotzdem nicht. Meine Vorspeise, eine kanarische Gemüsesuppe, war dann leider auch schon fast kalt; geschmeckt hat sich trotzdem. Die abschließende Lösungsfindung wird vermutlich noch einige cerveza grande benötigen.
Dienstag um halb elf kam ein lokaler Elektriker an Bord, um sich genau dieses Themas anzunehmen und insbesondere den Drehschalter, mit dem man die 220V-Quelle ansteuern kann (also Inverter, Landstrom oder Generator) auf seine Funktion hin zu überprüfen. Ruckzuck hatte er den Schalter ausgebaut und begann ihn aufzuschrauben. Auf meine Frage, ob er ihn denn nicht vorher mal durchmessen wolle, meinte er, nein, dass müsse er optisch prüfen. Schnell war der Schalter aufgeschraubt und bereits nach kurzem flog schon die erste kleine Feder davon, ein paar Minuten später die zweite. Nachdem das Ding komplett zerlegt war, meinte er, der sei wie neu und würde einwandfrei funktionieren. Daraufhin begann er den Schalter wieder zusammenzubauen. Das war gegen 11:30 und nun ja, um 19:00 war er dann auch schon fertig damit. Er hatte in seiner Zerleg-Freude völlig vergessen, die Ausgangssituation zu dokumentieren. Er hat also 7,5 h gebraucht, um den Schalter wieder so zusammenzubauen, wie er vorher war. Der Schalter hat vier Stellungen, besteht aus drei verschiedenen Ebenen und ist mit sechs Kabeln angeschlossen. Zudem muss die Schalterstellung mit der Beschriftung auf der Anzeige zusammenpassen (seinen Lösung, dass die Off-Position nun mit der Generator-Position vertauscht wäre, habe ich abgelehnt). Seine Arbeitsweise trieb mich fast an den Rand des Wahnsinns. Meinen zweiten Ausflug konnte ich knicken, andere Erledigungen ebenfalls. Da er immer wieder sagte, er müsse um 16:00 gehen und ich ihm sagte, er kann erst dann gehen, wenn der Schalter wieder zusammengebaut ist, wollte ich ihn wirklich nicht aus den Augen lassen. Er hat es notgedrungen durchgezogen und schließlich gelang es ihm ja auch den Schalter wieder zusammenzubauen. Trotzdem war ich mit den Nerven ziemlich am Ende. Verschiedene Arbeiten an Bord konnte ich nicht erledigen. Ich sah ja, wie verzweifelt er teilweise war und wollte ihn nicht noch unnötig mit Lärm oder anderem stören. Abends, als er gegangen war, konnte ich dann endlich loslegen. Da ich ja am nächsten Morgen um 8:00 zum Flughafen musste, musste ich das Schiff jetzt noch am Abend soweit präparieren, dass ich es eine Woche lang unbeaufsichtigt stehen lassen kann.
Der Flug nach München gestern verlief problemlos, ich kam sogar überpünktlich um 18:40 dort an und Yvonne holte mich ab. Ich freue mich jetzt auf eine Woche daheim, Yvonne und Philip wieder zu sehen (Gini ist ja in Indien), meine Eltern, Brüder und Freunde. Das Tragen von langer Hose und Jacke fühlt sich etwas ungewohnt an, auch die frischen Temperaturen. Aber die frische Luft und die schönen Herbstfarben entschädigen. Am 18.11. geht es zurück nach La Palma. Erst danach wird es dann wieder mit Tagebucheinträgen weitergehen.

