Die letzte lange Überfahrt: Von Horta nach Gibraltar

Am 26.5., Sonntag, kommt Andres an Bord. Unser dritter Mann für die Überfahrt nach Cadiz. Gleich nachdem er seine Kabine bezogen hatte, gehen wir rüber in die Sportsbar, um dort Abend zu essen. Anschließend noch einen Absacker in der UShip-Bar. Andres hatte Manfred einen GinTonic versprochen.

Montag gehen wir noch einkaufen für die zweitägige Überfahrt nach Punta Delgada und genießen den letzten Tag in Horta. Dienstag, 28.5. kurz nach 10 Uhr geht es los in Richtung Sao Miguel. Der Wind bläst kräftig mit 5bft aus südlicher Richtung. Es hat sich mittlerweile eine Zweimeter Welle aufgebaut. Wir beschließen deshalb nicht südlich an Pico vorbei zu fahren, sondern nördlich. Also zwischen Pico und Sao Jorge. Hier gibt es deutlich weniger Welle und auch der Wind bläst nicht ganz so frisch, so zumindest die Hoffnung. In Sachen Welle sollten wir Recht behalten. Allerdings lagen wir in unserer Windeinschätzung total daneben. Anfangs haben wir noch schönen halben, dann eher achterlichen Wind. Als die Windabdeckung durch den Pico zum tragen kommt, geht es richtig los: Winddreher, Wind von vorne, Böen mit über 6bft, Flaute. Es ist alles geboten. Wir eiern einige Stunden zwischen den beiden Inseln hin und her. Irgendwann sehen wir ein Segelboot, das offensichtlich sehr knapp an der Nordküste von Pico schnell und konstant segelt. Also nix wie hin. Und tatsächlich war der Wind hier deutlich beständiger von der Seite. Die durch den Pico verursachten Winddreher etc. kamen also erst weiter draußen zum Tragen. Ab da läuft es recht gut, wir kommen gut voran und erreichen am nächsten Tag kurz nach 13 Uhr Punta Delgada.

Leider stelle ich kurz vor der Hafeneinfahrt fest, dass eine Kardeele an der Steuerbord-Unterwant gerissen ist. Der Hafenmeister gibt mir zwei Telefonnummern von Riggern, die mir hier helfen können. Gleich nachdem wir in der Marina angelegt haben, telefoniere ich mit Thomas. Er ist Deutscher, lebt und arbeitet seit 25 Jahren in Punta Delgada als Rigger mit seiner eigenen Firma. Er war wohl selbst mal Segler und ist hier schlicht hängen geblieben. Noch am selben Nachmittag kommt er vorbei, um sich die Angelegenheit anzuschauen. Auf meine Frage, ob ich damit weiterfahren könne, frägt er mich, ob ich denn schon mal was von guter Seemannschaft gehört habe. Ok, habe verstanden; dann also doch austauschen.

Thomas hat einen Dreher an der Hand, der die Draht-aufnehmende Hülse samt Gewindestange nachbauen kann. Bis spätestens Mittwoch nächste Woche sollte alles fertig sein. Tatsächlich klappt alles problemlos und wie besprochen. Mittwochvormittag, es ist der 5.6., haben Thomas und ich die neue Want montiert.

Die Tage dazwischen nutzen wir, um die Insel mit dem Mietwagen zu erkunden. Sao Miguel ist die größte der Azoreninseln. So groß, dass man kaum das Gefühl hat, auf einer Insel zu sein. Es lässt sich sehr schön wandern zwischen Kraterseen, Thermalquellen und Bergen, auch die Ortschaften sind teilweise sehr malerisch. Gutes Essen und guter lokaler Wein inklusive, klar.

Während Thomas und ich die Want befestigen, gehen Andres und Manfred einkaufen, um unseren Proviant für die 7-tägige Überfahrt nach Cadiz entsprechend aufzustocken. Um 13 Uhr legen wir ab. Der Wind bläst schwach mit 2bft, sodass wir erstmal motoren müssen.

Erst gegen Abend frischt er auf 5 bft auf und bläst aus NNE. Wir segeln mit 60° am Wind mit zunehmender Welle. Der Wind bläst die nächsten Tage frisch aus NNE und NNW. Die Welle nimmt auf knapp 2m zu. Es ist konstant bewölkt, hin und wieder fällt auch Regen. Wir kommen die nächsten fünf Tage quasi nicht aus unserem Ölzeug heraus, eigentlich nur zum Schlafen. Essen am ausgeklappten Tisch im Cockpit: Fehlanzeige. Morgens gibt es Müsli (ohne Kaffee!!!), mittags vielleicht etwas Salat, ansonsten Wurst und Käse mit Brot. Alles einfach nur auf die Hand. Abends eine Kleinigkeit warmes Essen, oft Manfreds tolle Nuddelsuppe mit Eier-Einlage. Bei dem ruppigen Seegang ist längeres Kochen schlicht nicht möglich.

In der Nacht vom 10. auf den 11.6. „kämpfen“ wir uns durch das Verkehrstrennungsgebiet (VTG) an der südlichen Algarve-Küste. Dieses Schiffs-Autobahn ist sehr stark befahren und wir müssen sie im rechten Winkel queren. Manfred steht am Ruder; Andres hilft ihm, indem er über AIS Informationen wie Geschwindigkeit und Kurs zu den vorbeifahrenden Schiffen einholt. Mal etwas anluven, mal abfallen, um einen Frachter durchzulassen oder um noch schnell vor dem nächsten Tanker durchzuwitschen. Nachts ist das alles sehr spannend, da man ja nur die Lichter der Schiffe sieht. Ich kann mich in der Zwischenzeit ausruhen. Als ich um halb vier meine Schicht antrete, sind wir schon fast durch das VTG durch, ich muss mich nur noch mit ein paar Fischerbooten beschäftigen, die fischend meinen Kurs kreuzen.

An der Südküste der Algarve segeln wir am nächsten Tag mit 3bft und quasi keiner Welle sehr genussvoll und schnell dahin. Teilweise mit bis zu 10kn. Ein herrliches Gefühl. Erstmals lassen wir den Autopiloten steuern, um die Situation zu dritt so richtig genießen zu können. Nachdem wir schneller als gedacht vorankommen, beschließen wir Cadiz nicht anzulaufen und stattdessen gleich nach Gibraltar weiter zu segeln. Für den nächsten Tag ist eher Flaute angesagt, danach Wind aus Ost. Alles nicht optimal für einen Stopp in Cadiz. Am 12.6. kommen wir am späten Vormittag wohlbehalten in der Marina in Gibraltar an. Die nächsten zwei Tage genießen wir das bunte Stadtleben, besuchen den Affenfelsen. Gibraltar ist eine sehr schöne, quirlige Stadt, das habe ich so nicht erwartet. Zufälligerweise wird zudem am 13.6. der Geburtstag von König Charles gefeiert, mit einer Militärparade von Marine-, Luftwaffe- und Heeresabordnungen und natürlich mit einer zünftigen Blaskapelle incl. Dudelsäcken. War schön zuzuhören und anzuschauen, alles very british.

Am 15.6. geht es weiter zu unserem Zielhafen für diese Etappe, nach Benalmadena südlich von Malaga. Morgens gegen 10:00 Uhr verlassen wir Gibraltar und segeln nahezu platt vor dem Wind Richtung Nordosten. Der Wind ist zunächst fast zu schwach für unseren Kurs, legt aber dann mehr und mehr zu. Gegen Ende der Etappe segeln wir raumschots nur mit mehrfach gereffter Genua bei 6bft und 2-3m Welle mit über 7kn nur so dahin. So macht Segeln Spaß.

Wir erkunden die Azoren – Teil 2



Den heutigen Eintrag ins Reisetagebuch schreibe ich in der Bucht von Mahon auf Menorca am 21.7.

Am Sonntag, den 19.5., erkunden Manfred und ich die südliche Halbinsel vor Huerta. Zunächst sehen wir uns eine alte Walfangfabrik an, die zu einem Museum umgebaut wurde. Filme aus den 60er Jahren zeigen, wie damals auf den Inseln der Azoren Walfang betrieben wurde: mit langen schmalen Segelbooten, von denen aus der Wal (meist Potwale, die hier durchziehen) harpuniert wurde. Eine gefährliche, blutige und anstrengende Arbeit. Der letzte Wal wurde irgendwann in den 70ern erlegt. Direkt anschließend laufen wir an der Küste entlang um den Berg herum, der Weg steigt langsam an. Oben am Grad treffen wir auf einen Wal-Spotter, der mit seinem Fernglas den ganzen Tag da oben sitzt, und versucht bis 10 Sm vor der Küste Wale zu entdecken. Deren Position gibt er dann an die Whale Watching Touri-Boote weiter, damit die ihre Gäste dorthin bringen können. In einem großen Bogen laufen wir den Berg auf der Nordseite wieder hinunter zurück in die Stadt. Ein schöner Ausflug.

Zurück auf dem Schiff nehmen wir am späten Nachmittag die Genua herunter. Manfred zieht mich am Bootsmannstuhl ein Stück das Genua-Stag hoch, damit ich einige Madenschrauben des Profils nachziehen kann. Einzelne Profil-Segmente beginnen sich voneinander zu lösen. Metallabrieb am Segel ist dafür ein klares Indiz.

Montagvormittag kommt ein Rigger vorbei, der sich die Verbindung zwischen dem ersten und zweiten Profil anschaut. Die ist schon etwas ausgeschlagen, da hier die beim Rollen die größten Kräfte wirken. Er bohrt die beiden Löcher etwas aus und verwendet Madenschrauben mit einer kleinen Spitze, die sich tiefer in die Verbindung „bohrt“. Zudem bohrt er ein drittes Loch, um die Verbindung stabiler zu machen, eines der beiden alten Löcher ist bereits eingerissen. Nach zwei Stunden ist alles erledigt, das Profil macht wieder einen robusten Eindruck. Sollte hoffentlich bis nach Hause halten. Im Winter werde ich die beiden Profile aber wohl austauschen müssen.

Am Mittwoch können wir endlich unsere geplanten Ausflüge starten. Leider hat sich das regnerische Wetter nach hinten genau auf den Mittwoch verschoben. Wir fahren mit der Fähre über Pico nach Sao Jorge. Im
Hafen leihen wir uns ein Auto und fahren den Berg hinauf auf ca. 1000m, um dort unsere Wanderung zu starten. Leider ist dort oben alles Wolkenverhangen, die Sicht gleich Null, es regnet und der Wind peitscht die Tropfen ins Gesicht. Also gleich wieder ins Auto und rüber auf die Nordseite der Insel. Dort sind wir im
Lee und können an der Küste, etwa 500m über dem Meer eine schöne kurze Wanderung machen. Ganz runter ans Meer absteigen wollen wir nicht, dafür sind die Pfade zu schmal, durch den Regen zu schlammig und zu steil. Einen verstauchten Knöchel braucht jetzt niemand. Wir fahren mit dem Auto stattdessen an einen Küstenort etwas weiter im Norden und gehen dort spazieren. Keine Touristen, sehr ursprünglich
und malerisch. In einem Restaurant direkt am Meer essen wir eine Kleinigkeit zu Mittag. Anschließend geht’s zurück entlang der Küste Richtung Hafen. Wir halten an einer etwas abgelegenen Parkanlage mitten im Grünen und gehen dort spazieren in Richtung Küste. Toller Ausblick aufs Meer! Leider holt uns das schlechte
Wetter dort ein. Der Weg zurück wird sehr nass und windig. Ziemlich durchnässt und etwas fröstelig kommen wir am Auto an. War trotzdem ein schöner Ausflug. Es ist bereits dunkel als wir mit der Fähre zurück in Huerta sind. Auf dem Weg zurück klingelt mein Telefon, der Hafenmeister ist dran. Wir sollten schnell zurück in die Marina, das Boot vor uns habe ein Problem mit seiner Heckleine, sie würde sich in unserem Anker am Bug verfangen. Zurück im Hafen verlegen wir uns ca. 2m nach hinten. Leider passen jetzt aufgrund fehlender Klampen an Land unsere Leinen nicht mehr zusammen. Einige sind deutlich zu kurz zum Land, andere zu lang. Bonita schwoit völlig unruhig umher und ruckt immer wieder brutal in die eigenen Klampen an Bord; wir haben immer noch ca. 5-6bft. Norweger, die bei uns im Päckchen liegen, helfen schlussendlich aus mit einer dicken und sehr langen Trosse, mit der wir das Heck von Bonita an einem Poller, mehr als 10m entfernt festmachen können. Jetzt passt es endlich wieder. Es ist mittlerweile weit nach Mitternacht; wir haben mehr als 2h gewerkelt, damit die Bonita wieder sicher liegt. Da die Norweger am nächsten Tag ihre Trosse wieder haben wollen, weil sie weitersegeln, ziehe ich morgens los, um mir eine eigene zu besorgen. Als ich zurück am Boot bin, haben sie gerade angefangen, ihre eigene abzubauen.
Gutes Timing also.

Donnerstag ist wieder Bootstag. Manfred beginnt, die mittlere Scheibe im Cockpit auszubauen. Die hängt nur noch am oberen Teil, alles andere ist frei. Er löst die Scheibe und kratzt den Kleber aus den Nuten, eine ziemliche Fummelarbeit. Ich baue die Halterungen der PV-Paneele aus, um sie zu reinigen. Seit einiger Zeit lassen sich die Paneele nur mehr schwer nach oben drehen. Ziemlich schnell ist klar, mit reinigen ist die Sache nicht erledigt. Die hohe UV-Strahlung hat das Plastik und den Gummi darunter mehr oder weniger komplett aufgelöst und verklebt. Toll, bereits nach zwei Jahren sind die Halterungen kaputt. Ich entferne den Plastikkram, Manfred hilft mir mit Panzertape die Stelle solange auszupolstern, bis die Metallschellen wieder
greifen. Zur Belohnung gehen wir abends ins Cafe Sport auf ein Bier und anschließend zum Abendessen in unser Lieblingsrestaurant.

Freitagmorgen nehmen wir die erste Fähre um 8:30 rüber nach Pico. Die Autovermietungen am Hafen sind komplett ausgebucht. Nach etwas suchen finden wir etwa 200m vom Hafen weg aber doch noch einen Autovermieter, bei dem wir einen Kleinwagen mieten können. Zunächst geht’s an der Flanke vom Pico hoch
bis zur Endstation auf ca. 1200m. Von da geht es nur zu Fuß weiter, z.B. auf den Gipfel des Pico, der fast 2400m hoch ist, ein gewaltiger Berg. Wir wandern ein Stück einen alten Pfad entlang und genießen den Ausblick über die Insel und aufs Meer. Toll!

Anschließend fahren wir zur Gruta das Torres. Die Fahrt ist etwas abenteuerlich, da der Teerbelag plötzlich aufhört und wir über einen schmalen und teilweise steil abfallenden Feldweg holpern müssen. Dieses Grottensystem ist durch eine unterirdisch und sehr schnell fließende Lava entstanden. Die äußeren Lavaschichten kühlten sich ab, der innere heiße Kern floss weiter den Hang hinunter. So entstand vor über 1000 Jahren ein mehrere Kilometer langes von dem man einige hundert Meter begehen kann. Spannend!

Weiter geht die Fahrt an einem kleinen Weinanbaugebiet vorbei die Südküste entlang nach Osten bis Lajes, ein kleiner malerischer Küstenort. Weinanbau gibt es erst seit ein paar Jahren auf Pico. Nachdem die
Insel erst ca. 300.000 Jahre alt ist (sie ist die jüngste der Azoren), ist die Grasnarbe sehr sehr dünn. Die Weinbauern gehen sogar so weit, dass sie auf Lavafeldern die groben Lavasteine wegräumen und Erde händisch in die Lavaspalten einfüllen, um dort ihre Setzlinge einzupflanzen. Was für ein Aufwand. Der Wein schmeckt allerdings recht gut und wird auf allen Inseln verkauft. Der Aufwand scheint sich also zu lohnen.

In Lajes angekommen, gehen wir spazieren und essen eine Kleinigkeit in einem Restaurant am Hafen. Am späteren Nachmittag fahren wir zurück an die Nordküste der Insel und weiter nach Madalena, unserem Ausgangsort auf Pico. Bis die Fähre losfährt haben wir noch etwas Zeit, die wir uns in einem netten Kaffee versüßen.

Samstag, der 25.5., jetzt wird es ernst. Vor einer Woche kaufte ich ja bereits Pinsel und Farbe. Heute ist es an der Zeit, uns auf der Mole in Huerta zu verewigen. Glücklicherweise gibt es eine kaum mehr les- und erkennbare Malerei direkt an unserem Liegeplatz, deren Fläche ich verwenden kann. Nach etwa drei Stunden bin ich auch schon fertig und es sieht gar nicht mal schlecht aus. Manfred klebt in der Zeit die Cockpitscheibe wieder ein, sieht aus wie neu. Perfekt! Wir sind gerüstet für die Weiterfahrt am Dienstag, alle geplanten
Arbeiten sind erledigt.

Am Sonntag, den 26.5. steigt Andres zu, ein Freund von Manfred. Zu dritt wollen wir über Punta Delgada, die Hauptstadt der Azoren, weiter nach Cadiz in Spanien und über Gibraltar nach Malaga. Die Abfahrt ist für übermorgen, den 28.5. geplant. Da wir noch einen mehrtägigen Stopp auf San Miguel planen, kaufen wir am Montag nur Proviant für zwei Tage ein.



Wir erkunden die Azoren…

Den heutigen Eintrag ins Reisetagebuch schreibe ich in der Marina Salinas in Torrevieja am Montag, den 24.6. Torrevieja ist eine Stadt ca. 60km südlich von Alicante, also mitten im Mittelmeer an der spanischen Ostküste. Mein letzter Tagebucheintrag ist vom 3.6., da waren wir tags zuvor in Horta angekommen. Mein Gott, wie viel ist seitdem wieder passiert.

Nachdem Andres ja erst ca. zwei Wochen nach unserer Ankunft auf den Azoren zu uns stoßen würde, haben wir also sehr viel Zeit, uns die Inseln etwas näher anzuschauen. Bereits am nächsten Tag, am 14.5., haben wir die Gelegenheit Bonita an die Pier zu verlegen. Manfred zieht den Anker hoffentlich das letzte Mal mit der Hand hoch. Wir gehen neben einer 51 Fuß Beneteau ins Päckchen. Die legt am nächsten Tag ab, so dass wir direkt an der Pier liegen. Das hat viele Vorteile aber auch Nachteile. U.a. den, dass die Boote, die an einem dranhängen (es hingen immer zwei an uns dran), ganz schön an den Klampen zerren und das Boot immer wieder erschüttern, wenn Bonita in die eine und die Päckchenlieger in die andere Richtung einrucken. Ich musste ein paarmal die Muttern der Klampen der Achterleinen nachziehen, weil sie sich durch die permanente Querbelastung gelockert hatten. Ich muss mich dabei jedesmal in die hinteren Backskisten zwängen, um dann mit einem „Franzosen“ die Muttern anzuziehen. Nachdem mir Philip mittlerweile eine 24er Nuss mitgebracht hat, geht das jetzt ein bisschen einfacher.

Wir mieten uns für die nächsten Tage ein Auto und machen erstmal eine ausgiebige Inselrundfahrt auf Fajal. Die Insel ist bekannt für ihre vielen blauen Hortensienhecken, die gerade anfangen zu blühen. Wir sind ein bis zwei Wochen zu früh dran, um sie in ihrer vollen Pracht zu erleben. Wir fahren hoch zur Caldeira auf 1000m Höhe, die wir trotz schlechter Sicht in ca. 3h umwandern. Hin und wieder erhaschen wir einen kurzen Blick auf den Kraterboden, wenn sich die Wolkenschwaden etwas lichten. Der Kraterboden ist komplett mit Gras und Büschen bewachsen, mit kleinen Tümpeln dazwischen. Die Frösche hört man die ganze Zeit, auch noch 200 Meter über dem Kraterboden.

Wir fahren weiter an die Westküste der Insel. Hier gab es Ende der fünfziger Jahre einen unterseeischen Vulkanausbruch, der eine neue Halbinsel entstehen ließ. Sieht ein bisschen aus wie auf dem Mond, alles noch sehr karg, kaum Bewuchs und viel Lavastaub; ist aber sehr interessant in dem Gebiet herumzulaufen. Unter den durch den Ausbruch teilweise zerstörten Leuchtturm haben sie ein Museum gebaut, das in seiner Beton-Nüchternheit und modernen Architektur irgendwie an die Schaltzentrale eines Bond-Gegners aus den 60er Jahren erinnert. Auf dem Weg zurück nach Horta fahren wir noch zu einem großen Felsen an der Südküste der Insel und laufen noch ein Stück zu ihm hin. Die Küste fällt hier sehr steil ab, wir sind etwa 100m über dem Meer, toller Blick nach Westen in Richtung untergehender Sonne. Ein paar Kilometer später kehren wir in einem kleinen Restaurant zum Abendessen ein. Ein schöner und entspannter Tag geht langsam zu Ende.

Den nächsten Tag verbringen wir in Horta. Manfred hat Geburtstag, wir frühstücken ausführlich, bummeln durch die Stadt, genießen das entspannte Inselleben. Abends lädt uns Manfred in ein Restaurant ein, in dem man auf einem heißen Stein verschiedene Fleisch- und Fischleckereien grillen kann. War ausgesprochen lecker. Zwei Tage vorher, am 14. hatte Harald Geburtstag. Auch er lud zum Abendessen ins Oceanic ein. War ebenfalls super lecker. Danke an die beiden, es könnte mir deutlich schlechter gehen.

Freitag, 17.5., fliegt Harald nach Hause. Da wir eine Woche früher als geplant in Horta ankamen, beschloss er seinen Heimflug vorzuverlegen. Seine Frau wartet schon mit einer langen To-do-Liste auf ihn. Morgens um 8 Uhr ist bereits das Taxi am Pier, um ihn zum Flughafen zu bringen. Wir frühstücken ein letztes Mal sehr früh miteinander. Danke für die letzten Wochen Harald, mit Deinem technischen Sachverstand und Deinen seemännischen Kenntnissen hattest Du einen wesentlichen Anteil am Gelingen dieser spannenden und ereignisreichen Überquerung des Atlantiks.

Wir tauchen ein in die Inselgeschichte…

Am Wochenende tauchen Manfred und ich noch etwas tiefer in die Inselgeschichte ein. In einem kleinen Museum, einer ehemaligen Walverarbeitungsfabrik, ist die Walfanggeschichte der Insel sehr lebendig dargestellt. War ein hartes und brutales Geschäft. Der letzte Wal wurde irgendwann in den 70ern erlegt.

Überfahrt zu den Azoren

29.4., Montag

Bei 6bft Wind „rauschen“ wir am 29.4. nach ONO. Wir freuen uns, dass es so gut losgeht.

30.4, Dienstag

Bis ca. 14:00 haben wir ein Etmal von 157 Sm erreicht. Wind weiter gut, NW mit 4-5bft. Bordleben normal, keine Vorkommnisse.

1.5., Mittwoch

Etmal von 158 Sm. Wind dreht nach SW, wir fahren nach OSO weiter, um nicht gegen die 3m hohe Welle ansegeln zu müssen.

2.5. Donnerstag

Tagsüber Delphine. Erreichen ein Tagesetmal von 142Sm. Erst abends dreht der Wind Richtung auf die längst erwartete NW-Richtung. Wir halsen und fahren wieder nach NO. Nachts schläft leider der Wind ein, eine Flautenzone macht sich breit und dehnt sich nach Westen aus, schneller und großflächiger als vom Wetterbericht tags zuvor angenommen.

3.5. FREITAG

Ich hatte die Wache von 24:00 -2:30; fuhr unter Motor, da kein Wind wehte. Habe dabei festgestellt, dass die Lichtmaschine die Batterien nicht mehr lädt. Nach dem Frühstück hat Harald sie durchgemessen. Sie liefert nur 24,8V Strom ab, sollte aber mehr als 26V liefern. Auch der Ladeverteiler arbeitet nicht mehr (die digitale Anzeige leuchtet nicht mehr). Der Generator lädt also als einziger jetzt noch die Batterien, hat jedoch Bedarf nach Maintenance. Vermutlich verstopfen die Einspritzdüsen langsam, er hält nicht mehr konstant die 3060 rpm, sondern läuft auch mal höher (3120rpm). Hoffe, dass er bis Horta durchhält. Wind heute und morgen sehr schwach, wir werden wohl die ganze Zeit motoren müssen. Ab Montag soll für 1 Tag ein Tiefdruckgebiet mit bis 30kn über uns hinwegziehen. Unser Bordleben verläuft unaufgeregt im Wechsel von Wache, Essen, Schlafen und ratschen sowie Technik überwachen und Wetterberichte herunterladen und interpretieren.

4.5. Samstag

Nachmittags habe ich festgestellt, dass unter den Batterien viel Wasser steht und ca. 20l abgepumpt. Nach einer „Kostprobe“ sind Harald und ich der Meinung, es ist Süßwasser. Mglw. Ist es der Überlauf vom Watermaker, denn ich habe ihn vorher laufen lassen und ca. 100l Süßwasser produziert.

Beim Reffen des Groß setzte plötzlich der E-Motor der Rollanlage aus. Manfred hat mglw. zuviel Zug darauf gebracht. Habe das Groß dann manuell am Mast mit der Kurbel gerefft. Nach ca. 30 min lief der Motor wieder. Gegen 14 Uhr beschließen wir die Geschwindigkeit auf max. 5kn zu reduzieren, um das angekündigte Tiefdruckgebiet vor uns passieren zu lassen.

5.5. Sonntag

Morgens stellten wir fest, dass sich das Tiefdruckgebiet nach Westen ausgedehnt hat und wir deshalb zu früh an unserem markierten Wegpunkt ankommen und damit Gefahr laufen würden, in die wirklich hohen Wellen zu geraten, die mit bis zu 6m angekündigt sind. Wir beschließen eine Wende zu fahren und ca. 4h zurück zu segeln. Aktuelle Wetterdaten legen aber dann nahe, nicht noch einmal umzukehren, sondern nach SO abzulaufen.

Bestärkt dazu werde ich auch noch dadurch, dass Wasser auf dem Laufdeck durch den Abluftkanal des Dunstabzugs ins Boot lief, in die Decke, den Herd, auf den Boden. Schon wieder!!! Bei nassem Laufdeck legte sich das Boot bei einer Bö etwa 45° auf die Seite, sodass das Wasser durch die Öffnung ins Schiff eindringen konnte.

Wir segeln die ganze Nacht mit Kurs 120⁰ nach SO. Einer steuert, ein zweiter ist standby unten im Salon, voll angezogen (ohne Jacke und Stiefel). Der 3. hat frei und kann schlafen. 1,5h jede Schicht. Es ist anspruchsvoll bei kompletter Finsternis, Böen bis 38kn und 5m-Wellen, das Boot so zu steuern, dass es nicht querschlägt.

Ich habe einen Wegpunkt fixiert, an dem wir bis Dienstagmittag das Schlimmste hinter uns gelassen haben sollten.

6.5., Montag

Wind und Wellen scheinen sich etwas früher zu beruhigen als vorhergesagt. Kaum mehr Böen über 30kn, der Wind lässt etwas nach, sodass die unmittelbar vom aktuellen Wind ausgelöste Welle geringer wird, es kommt mehr der Schwell der langen Grunddünung zum Tragen. Und die ist deutlich angenehmer zu segeln als die Windwelle.

Wir können direkt nach Osten segeln, früher als erwartet. Der neue Wetterbericht legt zudem nahe, dass das Tief bis Dienstagmittag tatsächlich durch ist. Es soll sich eine Westströmung durchsetzen,  die uns die kommenden Tage Richtung Azoren bringen soll. Wäre ja schön, wenn‘s tatsächlich so käme.

7.5. DIENSTAG

Zeitumstellung auf UTC-3, wir haben den 60. Längengrad in östlicher Richtung gequert.

Gegen Abend 18Uhr schläft der Wind mal wieder ein, nur noch 2-3 bft. Wir fahren mit Motor weiter bis Samsatg 10:30. Nachts stoße ich versehentlich an den Gashebel. Der Motor heult kurz auf, bis ich den Hebel wieder auf 2000 U/min zurückstelle. Es riecht kurzzeitig nach verbrannten Gummi, wahrscheinlich ein Keilriemen.

8.5. Mittwoch

Morgens stelle ich fest, dass die Batterien zu 100% geladen sind. Lichtmaschine und Ladeverteiler funktionieren also wieder. JUHU! Vielleicht hat ja der kleine Gasschubser am Abend davor dazu beigetragen.

9.5. Donnerstag

Harald fährt morgens bei einer Bö die Welle mit 14,2kn hinunter. Wahnsinn!

Dank des konstanten Winds mit 20-25kn konnten wir in den letzten 24h ein neues Rekord-Tages-Etmal erreichen: 170,1 Sm. Nicht schlecht. Mittags gibt es Suppe mit Nudeln, Eiern und Hühnerbrühe.

10.5. Freitag

Ich hatte Wache von 4-7 Uhr. Legte mich danach nochmal schlafen bis 10. Das Wetter wurde unerwartet schlechter: es ist komplett bewölkt, mit Regen am Morgen in Haralds Schicht. Harald ist mittlerweile unser „Rain man“. Wenn er Wache hat, insbesondere nachts, regnet es nahezu immer. Er findet das gar nicht lustig…

Ich prüfe Keilriemen und Ölstand am Motor, alles ist i.O. Danach lasse ich die Maschine laufen, um zu sehen, ob die Lichtmaschine lädt. Sie lädt nicht im Leerlauf bei ca. 800 U/min, jedoch ab 1200U/min schon, mit ca. 90 A, also sehr viel.

Wir machen weiterhin gute Fahrt mit Wind um 20kn. Im Laufe des Nachmittags wird der Wind weniger, nur noch max. 18kn, meist sogar nur um die 16kn. Lt. Wettervorhersage sollte er bis morgen Abend mit 18kn durchhalten. Unseren bis jetzt angesteuerten Wegpunkt werden wir wohl nicht mehr erreichen, bestenfalls 50Sm südlich davon, wir können nicht so tief fahren: zu wenig Wind bei zu viel Weĺle. Versuchen trotzdem so viel Tiefe wie möglich zu schinden, um später genug Potential zum anluven zu haben, wenn der Wind nach West dreht, was in der Nacht von Samstag auf Sonntag der Fall sein soll.

Manfred kocht abends einen Gemüseeintopf mit Chorizo-Einlage. Sehr lecker! Haben von gestern auf heute wieder 170Sm zurückgelegt. Wenn der Wind durchhält, können wir Horta im Laufe des Montag erreichen.

11.5. Samstag und Sonntag

Wind dreht langsam nach West bzw. Nordwestlich und schwächt sich ab. Etwas später schwächen sich auch die Wellen ab. In der Nacht auf Montag schwächen sich Wind auf unter 10 Kn ab, die Wellen fallen auf unter einen Meter. Wir fahren ab halb vier mit Motor weiter.

13.5. Montag

Gegen 10:30 laufen wir nach 15 Tagen auf See in Horta ein. Einen Tag früher als geplant. Das Wetter ist frisch und leicht bewölkt. Der Wind treibt den Geruch von frischem Gras, nasser Erde und Kuhmist aufs Meer. Es riecht wie auf einer Bergwanderung im Allgäu. Schön!

Wir gehen am Zollpier ins Päckchen neben einen Franzosen, der uns auf den letzten 500 Metern noch unbedingt überholen musste. Vor uns klariert gerade ein Crewmitglied ein schwedisches Schulschiff ein, das mit 45 jungen Menschen ein paar Stunden vorher eingelaufen ist. Die Behörden lassen ins wissen, dass das dauern würde. Wir sollten um 13:00, nach der Mittagspause wiederkommen. Wir gönnen uns deshalb jetzt erstmal einen Anlegeschluck. Das erste Bier seit zwei Wochen, sehr lecker.

Das Einklarieren später klappt problemlos. Nach 20 min sind wir also wieder nach Europa eingereist. Leider bekommen wir keinen Liegeplatz in der Marina, da sie die Schwimmstege in der alten Marina austauschen werden und deshalb die Plätze dort für die zumeist einheimischen Boote brauchen. Aber wir werden auf eine Warteliste gesetzt.

Wir ankern (leider) stattdessen im Hafenbecken neben zahlreichen anderen Booten. Später machen wir das Dinghi klar und fahren nachmittags rüber in den Hafen und gehen in Horta spazieren, um uns einen Überblick zu verschaffen.

Gegen sechs schlendern wir an Peters Café Sport vorbei, DER Seglerkneipe schlechthin. Sie hat mittlerweile Kultstatus, ein absolutes Muss. Sie ist auch wirklich sehr urig eingerichtet, eine richtige Seglerkneipe eben.

Später gehen wir im Oceanic zum Abendessen, einem sehr schönen Restaurant mit renoviertem bzw. neu aufgebautem rustikalen Innenhof, ein paar Meter die Straße zurück. Endlich mal wieder ein schönes Steak und ein gutes Glas Rotwein vom Douro, sehr gut!

Es ist bereits dunkel, als wir auf unser Boot zurückkehren. Der Wind hat etwas nachgelassen, so dass das Fahren gegen die Welle kein Wasser ins Beiboot drückt.

Das also ist Bermuda

Nach sieben Tagen auf See erreichen wir am 26.4. morgens um 7:00 Bermuda. Da die Insel Sommerzeit hat, ist es bereits 8:00, also nochmal die Uhren 1h nach vorne stellen. Aufgrund der Zeitumstellung kommen wir 1h später an der Einfahrt nach St. George‘s an, als an Radio Bermuda kommuniziert. Damit haben die aber kein Problem; dass Crews die Zeitumstellung nicht auf dem Radar haben scheint wohl öfters vorzukommen. Man muss sich 30Sm vor der Küste das erste Mal bei Radio Bermuda melden und mitteilen, wann man ankommt und wo man hin möchte. Einklarieren geht zwingend nur in St. George’s; die Einfahrt in die Bucht ist denkbar schmal, so dass Radio Bermuda den Schiffsverkehr steuern möchte/muss, um Kollisionen zu vermeiden.

Die Insel selbst ist denkbar flach und taucht buchstäblich erst auf den letzten Meilen am Horizont auf. Sie ist unglaublich dicht bewohnt, im Norden mit einer ziemlich „zerrissenen“ Küstenlinie, mit vielen winzigen und flachen Buchten. Das Riff dort zieht sich viele Kilometer nach Norden hin. Die Südküste kommt dagegen vglw. steil aus dem Wasser, hat aber auch einige sehr schöne Strände. Die Insel hat britische Wurzeln, ist mittlerweile aber sehr stark US-amerikanisch beeinflusst. Was insbesondere bedeutet, dass alles, wirklich alles, absurd teuer ist. Ein guter Indikator dafür sind immer die Bierpreise: unter 9 USD für 0,33l geht gar nichts. Sämtliche Lebensmittel werden importiert; Landwirtschaft wird nur im privaten Umfeld auf kleinsten Parzellen betrieben. Es gibt auch kein Süßwasser auf der Insel. Private Häuser haben keinen Keller, sondern eine Zisterne, in der das Regenwasser vom eigenen Dach aufgefangen wird. Öffentliche Einrichtungen oder größere Bürogebäude werden über Mehrwasserentsalzungsanlagen versorgt. Die Stromerzeugung erfolgt zu nahezu 100% über fossile Energieträger.

Wir finden zunächst keinen Platz zum Anlegen am Zollpier, alles ist voll. Notgedrungen ankern wir deshalb erstmal auf ca. 6m. Kurz danach legt ein spanisches Boot von der Mole ab, unsere Chance. Manfred holt per Hand im Sitzen 20m Kette hoch und merkt dann auch prompt seine Schulter.

Die Dame vom Zoll ist sehr hilfsbereit und nett, „nötigt“ mich aber doch noch Sailclear auszufüllen. Sie sei so stolz, dass sie es vor 3 Monaten geschafft hätten, ihre Zollformalitäten nun auch über diese App abwickeln zu können. Ist Gott sei Dank kein großer Aufwand und das Handling später beim ausklarieren ist deutlich einfacher. Nachdem wir nun offiziell eingereist sind, schlendern wir noch durch den kleinen Ort, der mit seinen alten, schön restaurierten Gebäuden an die alten Seefahrerzeiten erinnert.

Wir helfen einem Einhandsegler beim Ablegen aus der Marina, die gut geschützt mitten im Ort liegt. Schnell wird uns klar, dass das eigentlich ein sehr schöner Liegeplatz auch für uns wäre. Ich rufe sofort im Hafenbüro an und nach ein bisschen internem abklären, können wir den Platz für eine Nacht haben. Klasse!

Wir reservieren gleich einen Tisch zum Abendessen im „Three Kings“; wie wir finden, das passende Restaurant für uns, denn genauso fühlen wir uns. Wir fahren Bonita an ihren Liegeplatz, holen die Quarantäneflagge ein und spazieren nachmittags ausgedehnt durch den Ort; die Bewegung tut gut.

Am nächsten Morgen, der 27.4., kündigt der Wetterbericht für den Nachmittag und die folgenden Tage Starkwind mit bis 6bft aus nördlichen Richtungen an. Ursprünglich wollten wir uns an die Westküste nach Dockyard verlegen; allerdings wären wir dann dem Wind komplett ausgesetzt, während wir in St.George’s an der Südküste komplett geschützt davor wären.

Ich gehe also rüber ins Hafenbüro, um zu klären, ob wir vielleicht doch noch bleiben können. Und siehe da, alles kein Problem; wir können so lange bleiben, wie wir wollen. Perfekt!

Wir kaufen uns ein Tagesticket, mit dem wir alle Busse und Fähren der Insel nutzen können. Ein paar Kilometer vor Hamilton, der Inselhauptstadt, steigen wir das erste Mal aus, um am Ufer durch einen kleinen Naturschutzpark zu laufen: steile Felsen, Strand, viele tropische Pflanzen und sogar eine Art Lagune.

Mit dem nächsten Bus, der an der Haltestelle vorbeikommt, geht es weiter an die Südküste. Vorbei an wunderschön gelegenen und sehr luxuriösen Anwesen, teilweise eingebettet in einen Golfplatz (dafür finden die Engländer immer ein Plätzchen). An der Horseshoe Bay steigen wir aus und laufen runter zur Bucht. Es ist wenig los, da der Wind ziemlich heftig bläst und es auch sehr bewölkt ist. Die Wassertemperatur liegt bei 22°, die Luft eher etwas darunter. Zum Baden entschieden zu kalt.

Nach etwa 1h fahren wir weiter nach Dockyard. Hier befand sich vor ein paar hundert Jahren ein riesiger Militärhafen der Briten incl. einer großen Werft, um all die Schiffe der britischen Marine warten und reparieren zu können. Damit sicherte sich GB für viele Jahre die Vormachtstellung in diesen Gewässern. Ohne Wartung und Reparatur ging also damals schon nichts weiter. Daran hat sich bis heute nichts geändert!

Das riesige Gelände ist heute Museum, Fressmeile, Shopping Mall und Freizeitpark für Inselbewohner, Kreuzfahrer und Segler. Wir verbringen hier einen entspannten Nachmittag, bevor wir mit der Fähre zurück nach Hamilton und von da mit dem Bus zurück nach St. George’s fahren. Wir laufen noch kurz durch Hamilton, das uns allerdings nicht wirklich gefällt: zu groß, zu wenig historische Substanz, voll mit Bürogebäuden von Versicherungsgesellschaften und Banken.

Am 28.4. ruft nach dem Frühstück mal wieder die Routine-Bootspflicht: Boot putzen, Motoröl checken und nachfüllen, dto. für den Generator, Wassertanks füllen, Rigg kontrollieren, Wetterbericht einholen, Route für die nächste, lange Etappe zu den Azoren planen. Wir wollen am 29.4. los.

Nach getaner Arbeit, laufen wir nachmittags auf die Nordseite der Insel zu einer kleinen Strandbar, um ein Feierabendbierchen zu trinken. Abends gehen wir im White Horse Pub & Restaurant zum Abschieds-Abendessen, etwa 20m vom Boot weg. Diese kurzen Wege sind schon irgendwie toll.

Am 29.4. gehen Harald und Manfred noch zum Einkaufen im Supermarkt, ca. 200m vom Boot weg. Ich klariere in der Zwischenzeit aus und checke auch in der Marina aus. Gegen Mittag legen wir ab und fahren noch rüber zur Tankstelle, um auch die Dieseltanks zu füllen. Dort ziehen wir fast eine halbe Stunde lang einen Kringel nach dem anderen, bis der Motorbootfahrer endlich fertig mit tanken und Boot waschen ist. Wir tanken 200l, holen uns bei Radio Bermuda das „Go“ für die Ausfahrt aus der Bucht und melden uns ab. Sie wünschen uns eine gute Überfahrt, sehr nett.

Um 14:00 passieren wir die Ansteuerungstonne vor der Einfahrt nach St. George’s. Wir sind unterwegs zu den Azoren! Etwa 1900 Sm oder 3400km sind sie entfernt. 16 Seetage habe ich dafür eingeplant. Wir sind sehr gespannt, was auf uns zukommt.

Überfahrt nach Bermuda

In den ersten drei Tagen kommen wir bei NE Wind richtig gut voran, rund 150Sm pro 24h. Der Wind dreht aber nach Süd und weiter nach NW, wobei er an Kraft verliert und schließlich nahezu einschläft. Die letzten 35h müssen wir leider motoren, ca. 190Sm. Der Yanmar von Bonita schnurrt zuverlässig vor sich hin und meistert die Strecke problemlos.

Die Tage vergehen mal wieder wie im Flug und sind geprägt von Bordroutine. Wir brauchen auch alle wieder 2-3 Tage, bis wir uns daran gewöhnt haben. Insbesondere das wenige schlafen nachts und schlafen tagsüber während der Freiwache zehrt zunächst an den Kräften und benötigt Eingewöhnung.

Leider übersteht die Ankerfernbedienung im Ankerkasten die permanente Dusche durch das Eintauchen des Bugs beim Am-Wind-Segeln nicht. Sie fängt wohl irgendwann Wasser ein und verursacht einen Kurzschluss, woraufhin die Ankerwinsch die Kette brachial anzieht. Als Vorwarnug gibt es einen langen Summton, den wir anfangs nicht zu interpretieren wissen, bis die Winch beginnt, die Kette stramm durchzusetzen. Ich schalte die Hauptsicherungen aus, woraufhin erst mal Ruhe ist.

Die Fernbedienung riecht verschmort und tatsächlich hat sich auf der Rückseite von innen ein kleines Loch in die angeblich wasserdichte Hülle eingebrannt. Dass wir jetzt keine Ankerfernbedienung mehr haben ist blöd, aber nicht kritisch. Wir können den Anker problemlos manuell ins Wasser lassen, allerdings müssen wir ihn auch händisch wieder hochziehen. Anstrengend, aber natürlich machbar. Trotzdem werden wir b.a.w. versuchen, das ankern zu vermeiden. Sobald wir in Bermuda sein werden, werde ich eine neue bestellen und an Andres liefern lassen, der sie mir dann hoffentlich auf die Azoren mitbringen kann.

Auf dem Atlantik

Jetzt schreibe ich, Yvonne, mal ein kurzes Update 😊 Alfons und seine beiden Hochsee-erfahrenen Mitsegler Manfred und Harald sind Mitte April von der Dominikanischen Republik nach Bermuda gesegelt (dauerte ca. eine Woche). Und seit 29. April sind sie auf dem Weg von Bermuda zu den Azoren. Sie rechnen mit ca. zwei Wochen für die Passage. Damit befindet sich Alfons also auf dem Rückweg nach Europa.

Von Flautenloch mit Einsatz des Motors bis zu einem Tief mit 6 m Welle und Böen bis zu 9 Bft war anscheinend alles dabei. Aber im Moment hat sich die Lage wieder beruhigt und sie segeln 70⁰ am Wind mit ca. 17-19 kn Wind und Sonnenschein.

Das sind die Positionsangaben der letzten Tage bis zum 7.5.