Bilderbuchsegeln, raue See und leckerer Hummer

Nachdem die Keilriemen, die ich von einem Händler in Cowes erhielt, doch nicht  gepasst hatten, musste ich mich nach dem Festmachen in Southampton am Dienstagnachmittag gleich wieder auf den Weg nach lokalen Lieferanten machen. Nach einigem Telefonieren und viel sehr freundlicher Hilfe vor Ort, fand ich dann die Riemen in der richtigen Länge, die sich auch mehr oder weniger problemlos aufziehen ließen. Die Lichtmaschine läuft wieder.

Im Laufe des späteren Nachmittags kam erst Jörg und zwei Stunden später dann auch Florian an Bord. Jörg wird bis Brest, Florian bis A Coruna mit dabei sein. Wir gingen abends zum Inder gleich in der Nähe der Marina, der ausgesprochen leckeres Essen im Angebot hatte.

Nachdem am nächsten Tag die Bordeinkäufe erledigt waren (Jörg und Florian kauften gefühlt für eine Atlantiküberquerung ein…) starteten wir am Mittwoch gegen Mittag in Richtung Poole. Die ersten Meilen Richtung Solent hatten wir lauen achterlichen Wind, also Wind von hinten. Kaum im Solent angekommen, wurden wir mit deutlich mehr Wind als vorhergesagt und ordentlicher Welle geradezu überrascht. Schnell refften wir beide Segel und Bonita zeigte erneut, dass sie gut mit viel Wind und Welle umgehen kann. Wir segelten beharrlich Richtung Westen durch teilweise steile kurze Wellen in flachem Wasser: wenn Wind gegen Strömung bläst, baut sich in dem flachen Wasser eine sehr unangenehme hohe Welle auf.

Leider hatten wir morgens vergessen das Ventil des Spülbeckenauslasses zu schließen. In der Folge drangen einige Liter Wasser ins Schiff und fluteten die Küchenzeile. Noch während der Fahrt begann Dieter die Lebensmittelfächer auszuräumen und zu reinigen. In Poole angekommen, spülten wir zwei Teppiche mit Süßwasser aus und hängten sie an der Reling zum Trocknen auf. Wir räumten weitere Fächer aus und reinigten sie mit Süßwasser. Auch zwei Staufächer unter dem Boden mussten wir auspumpen. Mittwochmorgen war Gott sei Dank wieder alles i.O., auch die Teppiche waren bis zum späten Vormittag trocken. Ventile schließen hat sich nun mal wieder in alle Köpfe eingebrannt, ich denke so schnell werden wir das nicht wieder vergessen.

Gegen Mittag ging es am Donnerstag bei strahlendem Sonnenschein und angenehmem Wind mit 4 bft weiter nach Weymouth. Wir segelten entlang der Steilküste mit interessanten Felsformationen und Buchten. Gegen 18:00 fiel der Anker in Portland Harbor, einem Ort südlich von Weymouth. Florian, der leidenschaftlich und sehr gut kocht, zauberte ein weiteres außerordentlich leckeres Abendessen auf den Tisch: Indisches Hühnercurry, oder laut Dieter ein britisch-indisches Allgäu-crossover fusion chicken.

Da wir für den Freitag ein tolles Windfenster nach Süden hatten, entschieden wir uns dazu, die Weiterfahrt auf die Kanalinseln einen Tag vorzuziehen. Der Stadtbummel durch Weymouth fiel deshalb unter den Tisch, wir gewinnen jedoch einen Tag auf den Inseln vor der Küste Frankreichs.

Die 66 Meilen, also ca. 120 km, waren ein seglerischer Traum: bei sonnigem Wetter und schönem achterlichem Wind brausten wir regelrecht mit teilweise über 10kn Richtung Alderney. Ein besonderer Höhepunkt dieser Passage war, dass wir zweimal von bis zu einem Dutzend Delfinen begleitet wurden. Ein unglaublich schönes Erlebnis. Nach ca. 8 Stunden Fahrt erreichten wir die Insel und legten uns an eine Boje im durch eine meterhohe Mohle geschützten Hafenbecken. Ursprünglich war Alderney kein Reiseziel. Wir liefen die Insel nur deswegen an, weil es lt. Florian dort den besten Hummer ever geben sollte. In der Tat war er auch wirklich ausgezeichnet. Den Preis dafür zahlten wir allerdings Freitagmorgen: ab 10 Uhr waren 6-7bft vorhergesagt. Wir legten deshalb bereits um kurz nach 6 Uhr ab, um noch vor dem Starkwind nach Guernsey zu kommen. Dort wollen wir in einem sehr geschützten Hafen das Wochenende verbringen. Leider blies der Wind mal wieder nicht so wie vorhergesagt: statt aus West kam er den ganzen Morgen aus Süd. Außerdem hatten wir das Kippen der Strömung zu optimistisch eingeschätzt. Es standen also nicht nur Wind und Welle, sondern auch die Strömung viel früher als geplant gegen uns. Wir kamen viel zu langsam voran und der Wind begann bereits ordentlich aufzufrischen. Nach ca. 2/3 der Strecke beschlossen wir die Segel zu bergen und unter Motor weiter zu fahren. Bonita kämpfte sich mal wieder beharrlich durch die aufgewühlte See und lieferte uns sicher in der Marina Beaucette ab. Die Marina ist ein gefluteter Steinbruch mit etwa 150m Durchmesser. Es wurde schlicht eine Felswand gesprengt, wodurch eine 15m breite Durchfahrt zum Meer entstand. Wir liegen hier sehr geschützt, die Windböen pfeifen über unsere Köpfe hinweg. Heute fuhren wir mit dem Bus zur Inselhauptstadt St. Peter Port und dann weiter rund um die Insel. Der Golfstromeinfluss ist überall zu spüren und zaubert ein wirklich sehr angenehmes Klima. Auch die Küste ist mit ihren vielen Felsen sehr schön anzuschauen.

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