Überfahrt zu den Azoren

29.4., Montag

Bei 6bft Wind „rauschen“ wir am 29.4. nach ONO. Wir freuen uns, dass es so gut losgeht.

30.4, Dienstag

Bis ca. 14:00 haben wir ein Etmal von 157 Sm erreicht. Wind weiter gut, NW mit 4-5bft. Bordleben normal, keine Vorkommnisse.

1.5., Mittwoch

Etmal von 158 Sm. Wind dreht nach SW, wir fahren nach OSO weiter, um nicht gegen die 3m hohe Welle ansegeln zu müssen.

2.5. Donnerstag

Tagsüber Delphine. Erreichen ein Tagesetmal von 142Sm. Erst abends dreht der Wind Richtung auf die längst erwartete NW-Richtung. Wir halsen und fahren wieder nach NO. Nachts schläft leider der Wind ein, eine Flautenzone macht sich breit und dehnt sich nach Westen aus, schneller und großflächiger als vom Wetterbericht tags zuvor angenommen.

3.5. FREITAG

Ich hatte die Wache von 24:00 -2:30; fuhr unter Motor, da kein Wind wehte. Habe dabei festgestellt, dass die Lichtmaschine die Batterien nicht mehr lädt. Nach dem Frühstück hat Harald sie durchgemessen. Sie liefert nur 24,8V Strom ab, sollte aber mehr als 26V liefern. Auch der Ladeverteiler arbeitet nicht mehr (die digitale Anzeige leuchtet nicht mehr). Der Generator lädt also als einziger jetzt noch die Batterien, hat jedoch Bedarf nach Maintenance. Vermutlich verstopfen die Einspritzdüsen langsam, er hält nicht mehr konstant die 3060 rpm, sondern läuft auch mal höher (3120rpm). Hoffe, dass er bis Horta durchhält. Wind heute und morgen sehr schwach, wir werden wohl die ganze Zeit motoren müssen. Ab Montag soll für 1 Tag ein Tiefdruckgebiet mit bis 30kn über uns hinwegziehen. Unser Bordleben verläuft unaufgeregt im Wechsel von Wache, Essen, Schlafen und ratschen sowie Technik überwachen und Wetterberichte herunterladen und interpretieren.

4.5. Samstag

Nachmittags habe ich festgestellt, dass unter den Batterien viel Wasser steht und ca. 20l abgepumpt. Nach einer „Kostprobe“ sind Harald und ich der Meinung, es ist Süßwasser. Mglw. Ist es der Überlauf vom Watermaker, denn ich habe ihn vorher laufen lassen und ca. 100l Süßwasser produziert.

Beim Reffen des Groß setzte plötzlich der E-Motor der Rollanlage aus. Manfred hat mglw. zuviel Zug darauf gebracht. Habe das Groß dann manuell am Mast mit der Kurbel gerefft. Nach ca. 30 min lief der Motor wieder. Gegen 14 Uhr beschließen wir die Geschwindigkeit auf max. 5kn zu reduzieren, um das angekündigte Tiefdruckgebiet vor uns passieren zu lassen.

5.5. Sonntag

Morgens stellten wir fest, dass sich das Tiefdruckgebiet nach Westen ausgedehnt hat und wir deshalb zu früh an unserem markierten Wegpunkt ankommen und damit Gefahr laufen würden, in die wirklich hohen Wellen zu geraten, die mit bis zu 6m angekündigt sind. Wir beschließen eine Wende zu fahren und ca. 4h zurück zu segeln. Aktuelle Wetterdaten legen aber dann nahe, nicht noch einmal umzukehren, sondern nach SO abzulaufen.

Bestärkt dazu werde ich auch noch dadurch, dass Wasser auf dem Laufdeck durch den Abluftkanal des Dunstabzugs ins Boot lief, in die Decke, den Herd, auf den Boden. Schon wieder!!! Bei nassem Laufdeck legte sich das Boot bei einer Bö etwa 45° auf die Seite, sodass das Wasser durch die Öffnung ins Schiff eindringen konnte.

Wir segeln die ganze Nacht mit Kurs 120⁰ nach SO. Einer steuert, ein zweiter ist standby unten im Salon, voll angezogen (ohne Jacke und Stiefel). Der 3. hat frei und kann schlafen. 1,5h jede Schicht. Es ist anspruchsvoll bei kompletter Finsternis, Böen bis 38kn und 5m-Wellen, das Boot so zu steuern, dass es nicht querschlägt.

Ich habe einen Wegpunkt fixiert, an dem wir bis Dienstagmittag das Schlimmste hinter uns gelassen haben sollten.

6.5., Montag

Wind und Wellen scheinen sich etwas früher zu beruhigen als vorhergesagt. Kaum mehr Böen über 30kn, der Wind lässt etwas nach, sodass die unmittelbar vom aktuellen Wind ausgelöste Welle geringer wird, es kommt mehr der Schwell der langen Grunddünung zum Tragen. Und die ist deutlich angenehmer zu segeln als die Windwelle.

Wir können direkt nach Osten segeln, früher als erwartet. Der neue Wetterbericht legt zudem nahe, dass das Tief bis Dienstagmittag tatsächlich durch ist. Es soll sich eine Westströmung durchsetzen,  die uns die kommenden Tage Richtung Azoren bringen soll. Wäre ja schön, wenn‘s tatsächlich so käme.

7.5. DIENSTAG

Zeitumstellung auf UTC-3, wir haben den 60. Längengrad in östlicher Richtung gequert.

Gegen Abend 18Uhr schläft der Wind mal wieder ein, nur noch 2-3 bft. Wir fahren mit Motor weiter bis Samsatg 10:30. Nachts stoße ich versehentlich an den Gashebel. Der Motor heult kurz auf, bis ich den Hebel wieder auf 2000 U/min zurückstelle. Es riecht kurzzeitig nach verbrannten Gummi, wahrscheinlich ein Keilriemen.

8.5. Mittwoch

Morgens stelle ich fest, dass die Batterien zu 100% geladen sind. Lichtmaschine und Ladeverteiler funktionieren also wieder. JUHU! Vielleicht hat ja der kleine Gasschubser am Abend davor dazu beigetragen.

9.5. Donnerstag

Harald fährt morgens bei einer Bö die Welle mit 14,2kn hinunter. Wahnsinn!

Dank des konstanten Winds mit 20-25kn konnten wir in den letzten 24h ein neues Rekord-Tages-Etmal erreichen: 170,1 Sm. Nicht schlecht. Mittags gibt es Suppe mit Nudeln, Eiern und Hühnerbrühe.

10.5. Freitag

Ich hatte Wache von 4-7 Uhr. Legte mich danach nochmal schlafen bis 10. Das Wetter wurde unerwartet schlechter: es ist komplett bewölkt, mit Regen am Morgen in Haralds Schicht. Harald ist mittlerweile unser „Rain man“. Wenn er Wache hat, insbesondere nachts, regnet es nahezu immer. Er findet das gar nicht lustig…

Ich prüfe Keilriemen und Ölstand am Motor, alles ist i.O. Danach lasse ich die Maschine laufen, um zu sehen, ob die Lichtmaschine lädt. Sie lädt nicht im Leerlauf bei ca. 800 U/min, jedoch ab 1200U/min schon, mit ca. 90 A, also sehr viel.

Wir machen weiterhin gute Fahrt mit Wind um 20kn. Im Laufe des Nachmittags wird der Wind weniger, nur noch max. 18kn, meist sogar nur um die 16kn. Lt. Wettervorhersage sollte er bis morgen Abend mit 18kn durchhalten. Unseren bis jetzt angesteuerten Wegpunkt werden wir wohl nicht mehr erreichen, bestenfalls 50Sm südlich davon, wir können nicht so tief fahren: zu wenig Wind bei zu viel Weĺle. Versuchen trotzdem so viel Tiefe wie möglich zu schinden, um später genug Potential zum anluven zu haben, wenn der Wind nach West dreht, was in der Nacht von Samstag auf Sonntag der Fall sein soll.

Manfred kocht abends einen Gemüseeintopf mit Chorizo-Einlage. Sehr lecker! Haben von gestern auf heute wieder 170Sm zurückgelegt. Wenn der Wind durchhält, können wir Horta im Laufe des Montag erreichen.

11.5. Samstag und Sonntag

Wind dreht langsam nach West bzw. Nordwestlich und schwächt sich ab. Etwas später schwächen sich auch die Wellen ab. In der Nacht auf Montag schwächen sich Wind auf unter 10 Kn ab, die Wellen fallen auf unter einen Meter. Wir fahren ab halb vier mit Motor weiter.

13.5. Montag

Gegen 10:30 laufen wir nach 15 Tagen auf See in Horta ein. Einen Tag früher als geplant. Das Wetter ist frisch und leicht bewölkt. Der Wind treibt den Geruch von frischem Gras, nasser Erde und Kuhmist aufs Meer. Es riecht wie auf einer Bergwanderung im Allgäu. Schön!

Wir gehen am Zollpier ins Päckchen neben einen Franzosen, der uns auf den letzten 500 Metern noch unbedingt überholen musste. Vor uns klariert gerade ein Crewmitglied ein schwedisches Schulschiff ein, das mit 45 jungen Menschen ein paar Stunden vorher eingelaufen ist. Die Behörden lassen ins wissen, dass das dauern würde. Wir sollten um 13:00, nach der Mittagspause wiederkommen. Wir gönnen uns deshalb jetzt erstmal einen Anlegeschluck. Das erste Bier seit zwei Wochen, sehr lecker.

Das Einklarieren später klappt problemlos. Nach 20 min sind wir also wieder nach Europa eingereist. Leider bekommen wir keinen Liegeplatz in der Marina, da sie die Schwimmstege in der alten Marina austauschen werden und deshalb die Plätze dort für die zumeist einheimischen Boote brauchen. Aber wir werden auf eine Warteliste gesetzt.

Wir ankern (leider) stattdessen im Hafenbecken neben zahlreichen anderen Booten. Später machen wir das Dinghi klar und fahren nachmittags rüber in den Hafen und gehen in Horta spazieren, um uns einen Überblick zu verschaffen.

Gegen sechs schlendern wir an Peters Café Sport vorbei, DER Seglerkneipe schlechthin. Sie hat mittlerweile Kultstatus, ein absolutes Muss. Sie ist auch wirklich sehr urig eingerichtet, eine richtige Seglerkneipe eben.

Später gehen wir im Oceanic zum Abendessen, einem sehr schönen Restaurant mit renoviertem bzw. neu aufgebautem rustikalen Innenhof, ein paar Meter die Straße zurück. Endlich mal wieder ein schönes Steak und ein gutes Glas Rotwein vom Douro, sehr gut!

Es ist bereits dunkel, als wir auf unser Boot zurückkehren. Der Wind hat etwas nachgelassen, so dass das Fahren gegen die Welle kein Wasser ins Beiboot drückt.

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