Am Dienstag hatten wir uns um sieben Uhr mit unserem Boatboy/ Guide verabredet, um in den Indian River zu fahren. Um diese Uhrzeit sind noch keine Kreuzfahrttouris unterwegs und es sind evtl. mehr Tiere zu sehen. Mit dem Außenborder gings über die Bucht bis zur Flussmündung, dann machte der Guide den Motor aus und ruderte weiter. Die Natur am Anfang des Flusses hat 2017 sehr unter dem Hurrican gelitten, viele Palmen und hohe Bäume wurden umgerissen. Weiter hinten war die Vegetation aber intakt und die Dschungelatmosphäre perfekt. In diesem Fluss wurde viel für „Fluch der Karibik“ 2 und 3 gedreht. Die Hütte der Hexe Calypso blieb nach den Dreharbeiten stehen und kann besichtigt werden. Die Bootsfahrt geht bis zum Indian River-Café, das mitten im Urwald steht und wo sich unter anderem Johnny Depp damals den ein oder anderen Drink genehmigte. Zu dieser frühen Uhrzeit war natürlich (leider) kein Barbetrieb, aber wir konnten auf ein paar Fußwegen im Urwald herumlaufen. An Tieren sahen wir einige Vögel (leider keine Papgeien, die es hier gibt), Krabben und zwei Leguane!
Dann gings wieder zurück auf die Bonita. Dort gab’s erst mal ein zweites Frühstück mit Pancakes, bevor wir um 11.00 unseren Mietwagen an dem Restaurant von gestern Abend in Empfang nahmen. Die Autofahrt führte uns nach Norden, über – wieder mal – abenteuerlich steile Straßen. Der erste Stopp war im Krater eines ehemaligen Vulkans, wo kalte Schwefelquellen („Cold Soufrière“), aus dem Boden blubbern. Bis zu den Quellen, die sehr nach faulen Eiern stinken 😅, führt ein kleiner, gut gepflegter Wanderpfad. Weiter auf der Strecke ging ebenfalls ein Pfad weg zu den Bwa Nef Falls, einem Wasserfall. Dorthin mussten wir ca. 20 Min laufen. Es ging durch dichten Urwald, über unwegsamstes Gelände. Und trotzdem trafen wir weiter hinten auf einen alten Bauern, der mit seiner Frau am Steilhang Wurzelknollen ausgrub. (Hier in den Märkten gibt es einige Wurzelknollen, die wohl häufig gegessen werden, deren Namen wir aber nicht kennen.) Dieser Bauer erklärte uns, der Weg wäre sein Privatgrund und jeder, der zum Wasserfall möchte, müsse 10 EC$ zahlen. Das glaubten wir zwar nicht, wollten uns aber auf keine Diskussion einlassen und bezahlten. Der Wasserfall fiel aus ca. 30m Höhe in ein kreisrundes Felsbecken. Wieder mal ein schöner Ort. Bemerkenswert waren auf dem Weg übrigens die riesigen Blätter der Bäume!
Zurück am Auto führte die Straße nach Vieille Case und Thibaud, bevor wir wieder nach Westen abzweigten. Die Dörfer sind Ansammlungen kleiner Holz- oder Betonhäuschen in mehr oder weniger gutem Zustand. Ein Ortszentrum ist nicht erkennbar, meist gibt es irgendwo eine „Bar“ oder einen „Minimarket“, die aber auch nur eine 10 qm große Hütte sind. An einem Straßenstand kauften wir ein paar Bananen und als wir in Portsmouth waren, besorgten wir uns in einem Minimarket Brot (das sind hier eine Art Baguettestangen, allerdings weich und in Plastik verpackt) und auf dem Markt Avocado, Karambole und Passionsfrüchte. Zurück an unserer Strandkneipe kontaktierten Anke und Josef den Autovermieter, weil die Klimaanlage nicht funktionierte und wir den Wagen tauschen wollten. Inzwischen setzten wir uns in die Bar und tranken was. Die Mitarbeiterin von der Vermietung kam dann und nahm unser Auto mit, um das Kühlmittel aufzufüllen. Sie wollte „in 10 Min“ zurück sein. Nach ca. 1 Stunde Wartezeit war sie dann auch „schon“ wieder da und jetzt sollte die Klimaanlage funktionieren.
Während der Wartezeit hatten wir interessante Gespräche mit Jeffrey, einem einheimischen jüngeren Mann, der 17 Jahre in New York und Schweden gelebt hat und vor 6 Jahren wieder nach Dominica zurückkam und hier eine Farm aufgebaut hat. Er pflanzt verschiedene Dinge an und ist damit anscheinend relativ erfolgreich, er ist zweimal hintereinander „Farmer of the Year“ geworden und verschiedene internationale Organisationen haben seinen Betrieb besichtigt usw. Er erzählte uns, dass er sich selbst immer fragt, warum die Dominicans so anders sind, als die Bewohner der Nachbarinseln. Anders gesagt, warum sie in der Entwicklung so hinterher hinken und keinen Fortschritt wollen oder brauchen. In der Tat ist Dominica auf dem Stand eines Entwicklungslandes, im Gegensatz zu vielen anderen Karibikinseln. Ist wahrscheinlich eine Mischung aus Mentalität, und fehlender Bildung. Die Bevölkerung lebt nur von einem Tag zum anderen und hat anscheinend keine Ambitionen, daran was zu ändern. Jeffrey erzählte, dass seine Angestellten z.B. immer nur so lange zur Arbeit kommen, bis sie genug für die nächsten Tage verdient haben. Danach sind sie einfach ein paar Tage nicht da. Andere Motivationsmethoden wie mehr Verantwortung im Job oder eine Beteiligung am Unternehmensgewinn fruchteten auch nicht. Das wollte keiner der Angestellten haben, da hätten sie eher gekündigt. Generell spielt der Faktor Zeit überhaupt keine Rolle. Mehr Effizienz in die Arbeit zu bringen, ist daher nur schwer möglich, dafür fehlt den Leuten das Verständnis. Aber dafür ist das Leben hier eben auch so entspannt. Stress gibt es wenig, wenn man sich mit der Situation abgefunden hat – wie unser Gesprächspartner meinte – und sich nicht mehr aufregt. Wenn man das nötige Geld hat, um Dinge selbst voranzubringen, und nicht auf die öffentliche Hand warten zu müssen, hilft das auch. Die Zufahrt zu seiner Farm hat Jeffrey letztendlich selbst erstellen lassen (und bezahlt), nachdem monatelang die Aussage war “ in zwei Wochen fangen wir an“ 🙈.
Dafür hat Dominica eben auch noch so viel Natur, kaum Hotels, kaum Straßen und keine Hochhäuser oder Industrie. Das Land ist natürlich sehr arm, die Bildungschancen sind dürftig und für einigermaßen ambitionierte junge Leute gibt es eigentlich nur die Möglichkeit, die Insel zu verlassen, wie Jeffrey es damals auch gemacht hat. Aber wie er selbst sagt, ist anscheinend der Wunsch nach Veränderung nicht so groß, wie die Bequemlichkeit, einfach nichts zu tun.
Über diesem Gespräch und der Wartezeit auf das Auto wurde es Abend und wir fuhren nur noch aufs Boot rüber, badeten kurz und machten Abendessen.





